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Politik&Gesellschaft

Auch Muslime können Schützenkönig werden

Abstimmung der 460 Delegierten im Forum Leverkusen. ©Tobias Herbst/BHDS
Abstimmung der 460 Delegierten im Forum Leverkusen. ©Tobias Herbst/BHDS

Breite Mehrheit im Schützenparlament billigt Öffnung der christlichen Bruderschaften

Der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS) lässt Muslime zum Königsschuss zu. Das hat der christliche Schützenverband in Leverkusen beschlossen.

Leverkusen.  Der Öffnungsprozess der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften, angestoßen nach der Debatte um einen muslimischen Schützenkönig, hat nun konkrete Formen angenommen. Mehr Verantwortung für die Basis, ein klares Bekenntnis zu den christlichen Wurzeln und Traditionen, aber umfassende Bereitschaft zum Mitei­nander mit Hinzugekommenen aus anderen Kulturkreisen. Das sind die wichtigsten Punkte des Orientierungs­rahmens, der am Sonntag in Leverkusen von der Bundesvertreterversammlung mit breiter Mehrheit gebilligt wurde. Das Schützen-Parlament gibt damit seinen 1300 Bruderschaften des christlichen Schützenverbandes ein lebensnahes Profil, wie es Papst Franziskus für alle kirchennahen Gruppierungen einfordert.

Mit dem Orientierungsrahmen hat Bundesschützenmeister Emil Vogt aus Leverkusen, der die interne Profildis­kussion einleitete, dem kirchlichen Schützenverbund "eine zeitgemäße und verständliche Grundausrichtung" gegeben, ohne die "Zugehörigkeit zur katholischen Kirche in Frage zu stellen". Die lokalen Bruderschaften ent­scheiden frei, wer aufgenommen wird und damit auch Schützenkönig werden kann. Danach ist auch die Mit­gliedschaft von Nichtchristen in Zukunft möglich, sofern diese sich glaubhaft zu den Zielen der Bruderschaften bekennen. Auch aus der Kirche Ausgetretene müssen sich nicht weiter fürchten, die katholische Schützenge­meinschaft verlassen zu müssen.

Dem Präsidium des katholischen Schützenbundes geht es darum, "durch gegenseitigen Respekt, Ehrlichkeit und Toleranz ein vertrauensvolles Miteinander mit allen gesellschaftlichen Kreisen zu ermöglichen." Gemein­sam mit Bundesschützenmeister Vogt hatte Monsignore Robert Kleine, Köln, als Bundespräses die christlichen Schützenbruderschaften angeschrieben und um Zustimmung für den Orientierungsrahmen gebeten. Eine breite Mehrheit folgte jetzt der Empfehlung, wohl auch deshalb, weil sich Kleine in seiner Argumentation auf den Papst bezog. Wie Franziskus die Kirche geöffnet habe, müssten auch die Bruderschaften aus ihrem brüderlichen Selbstverständnis heraus, auf andere, auch Andersgläubige zugehen. Gleichzeitig fordert das Schützen­präsidium von seinen Führungskräften ein klares Bekenntnis zur Kirche ein.

"Wer Angehörige anderer Religionsgemeinschaften aufnehmen will, muss wissen, wofür er selbst einsteht", sagt Vogt. Ihm ist – auch mit Blick auf Zuwanderung und Aufnahme von Flüchtlingen – wichtig, dass die christlichen Schützen "jeden Menschen als Geschöpf Gottes anerkennen und ihm mit Achtung begegnen." Der BHDS sieht Identität und Integration als grundlegende Zukunfts­fragen.

Der Schützenverbund, dem über die örtlichen Bruderschaften und Vereine eine rund 400.000 Menschen umfas­sende Schützenfamilie angehört, ist ein anerkannter katholischer Verband und versteht sich als Glaubensge­meinschaft. Deshalb verbindet das Präsidium des Bundes die Profildiskussion auch mit der Frage, wie der Glaube öffentlich gelebt werden kann und welche Form des Glaubensbekenntnisses von den Schützen erwartet wird. Der Schützenbund orientiert sich dabei an aktuellen Entscheidungen der Deutschen Bischofskonferenz. Vogt: "Wir dürfen nicht päpstlicher sein als der Papst."

Einig sind sich die Bruderschaften in ihrem Willen zur Integration. Damit folgen sie Emil Vogt, der "jede Form der Ausgrenzung ablehnt". Eine Sorge aber beherrscht den von allen gewollten Öffnungsprozess. Vogt: "Wir dürfen bei aller Liberalität unser eigenständiges, christliches Profil nicht verlieren."

Der Bundesschützenmeister nimmt für das Präsidium auch Stellung zur Frage homosexueller Könige. Er stellt klar: "Die sexuelle Orientierung eines Menschen gehört zu seiner Persönlichkeit und Identität und ist für die Aufnahme in eine Bruderschaft unerheblich. Homosexuelle Schützenbrüder und Schützenschwestern haben daher selbstverständlich alle Mitgliedsrechte und Mitgliedspflichten, einschließlich der Möglichkeit, die Königs­würde zu erringen." Ein früherer Beschluss des Schützenparlaments, der homosexuellen Schützenmajestäten untersagt, mit dem Lebenspartner als Königspaar aufzutreten, wurde förmlich aufgehoben. Angewandt wurde der Beschluss schon länger nicht mehr.

Der Öffnungsprozess, der den Bruderschaften größere Freiheiten gibt, von ihnen aber auch mehr Eigenverant­wortung verlangt, wird von Monsignore Kleine als "bereichernd" wahrgenommen. Bei der Bundesvertreterver­sammlung bedankten sich Bundesschützenmeister Emil Vogt und Monsignore Robert Kleine für den offenen und konstruktiven Dialog: "Wir glauben, dass der inhaltliche Austausch über unsere Thesen ein Gewinn für die Gesprächs- und Diskussionskultur in unserem Bund gewesen ist." Die Schützenspitze will mit dem Orientie­rungsrahmen die altehrwürdigen Bruderschaften zukunftsfähig machen. Dabei wird in Kauf genommen, dass es wohlmöglich Unterschiede in der Geschwindigkeit der Anpassung gibt – zwischen Stadt und Land, zwischen liberalen oder eher konservativen Gemeinschaften.

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