Connect with us

Senioren

Gegen überbordende Bürokratie

Seit Einführung der abgespeckten Pflegedokumentation hat Wohnbereichsleiterin Katharina Hüls mehr Zeit für die Bewohner. ©cpd / Plamper
Seit Einführung der abgespeckten Pflegedokumentation hat Wohnbereichsleiterin Katharina Hüls mehr Zeit für die Bewohner. ©cpd / Plamper

Diözesan-Caritasverband will Pflegedokumentation deutlich reduzieren

Caritas-Altenheim St. Josef in Hamm als Vorreiter

Paderborn/Hamm(cpd). Die überbordende Bürokratie in der Pflegedokumentation abbauen – das will der Diözesan-Caritasverband Paderborn den 256 Einrichtungen der katholischen Alten- und Gesundheitshilfe im Erzbistum Paderborn ermöglichen. Dazu bietet der Verband seit diesem Monat Schulungen an für Einrichtungs- und Pflegedienstleiter sowie für die Mitarbeiter. "Die Dokumentation verbraucht so viel Zeit, die doch eigentlich für die Pflege von Patienten zur Verfügung stehen muss", sagt Ulrike Hackenholt vom Diözesan-Caritasverband. Als eine von zwei autorisierten Multiplikatorinnen ist sie dafür zuständig, dass die interessierten katholischen Einrichtungen im Erzbistum Paderborn das neue Strukturmodell der Pflegedokumentation einführen und damit die Bürokratie deutlich zurückfahren können.

Umgesetzt wird damit ein Modell, das die ehemalige Ombudsfrau zur Entbürokratisierung in der Pflege, Elisabeth Beikirch, im Auftrag des Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, erarbeitet hat. "Die pflegebedürftige Person nimmt im Strukturmodell – soweit es ihr aufgrund kognitiver oder körperlicher Einschränkungen möglich ist – bewusst eine aktive Rolle wahr", erklärt Ulrike Hackenholt. "Diese Konzentration auf den Bewohner war zuletzt vor dem Hintergrund einer überbordenden Bürokratie verloren gegangen", kritisiert sie.

Als erste Einrichtung im Erzbistum Paderborn hat das Altenheim St. Josef des Caritasverbandes Hamm dies umgesetzt. Nach mehrmonatiger Vorbereitung führte es schon im Januar die Pflegedokumentation nach dem Beikirch-Modell ein. Weitere Einrichtungen im Erzbistum Paderborn sollen im Laufe des Jahres folgen. "Das ist unser Schritt in die Pflegewende", sagt Elisabeth Mischke, Leiterin von St. Josef. "Schon jetzt haben wir mehr Zeit für das Wesentliche – nämlich für die Bewohner."

Jede Handlung und Hilfestellung, die eine Pflegefachkraft täglich leistet, vom Haar bürsten über das Ankleiden bis hin zu Einzelheiten zum täglichen Befinden des Bewohners mussten bisher ausführlich erfasst und in die EDV übertragen werden. "Das waren circa 3500 Maus-Klicks täglich", erläutert Elisabeth Mischke. "Ich habe mich wie ein gläserner Mensch gefühlt", sagt Marianne Pieruschka. Als die 82-Jährige ins Altenheim St. Josef einzog, empfand sie die täglichen Abfragen für die Pflegedokumentation als "sehr befremdlich". "Was die alles wissen wollten", schüttelt sie rückblickend den Kopf.

Mit dem Beikirch-Modell werden wiederkehrende Aufgaben nur noch einmal erfasst und bei Veränderungen entsprechend aktualisiert. "Die neue Dokumentation ist trotz der vereinfachten Form wesentlich effizienter", erklärt Pflegedienstleiterin Stephanie Disselbrede. Das persönliche Wohl der Bewohner rücke wieder mehr in den Mittelpunkt. "Wir haben spürbar mehr Zeit für die echte Arbeit am und mit den Menschen", sagt Martin Witteczek, Pflegefachkraft im Altenheim St. Josef in Herringen. "Wir sind schließlich dafür da, Zeit für unsere Bewohner und ihre ganz individuellen Bedürfnisse zu haben und pflegerisch tätig zu sein." Die Umstellung auf das Beikirch-Modell erfordere allerdings auch ein Umdenken bei den Pflegekräften, weiß Wohnbereichsleiterin Katharina Hüls. "Früher mussten wir routinemäßig bestimmte Verfahren bearbeiten, auch wenn keine Notwendigkeit bestand." Fragen wie "Was brauchen die Betreuten? Was brauchen die Mitarbeiter für Informationen?" rückten nun stattdessen in den Focus. "Die uns anvertrauten Menschen müssen uns vertrauen können. Jetzt sind wieder die Wünsche und das Wohlbefinden des Bewohners unser Maßstab. Das ist unsere Handlungsmaxime", so Disselbrede.

Bei Marianne Pieruschka findet, wie auch bei vielen anderen Senioren, die neue Dokumentation große Zustimmung. "Der Kontakt und die Gespräche mit den Mitarbeitern sind für uns Bewohner viel wichtiger als der ganze Schreibkram. Wir wollen hier so versorgt werden, wie wir das möchten, und nicht wie fremde Menschen das für uns vorgeben."

Noch erfolgt die neue Pflegedokumentation im Altenheim St. Josef parallel zur üblichen Dokumentation. "Aber wir hoffen, dass wir bis Ende des Jahres komplett umgestellt haben", erklärt Hausleiterin Elisabeth Mischke. "Alle Teams in unserem Haus sind hoch motiviert." Die Begeisterung der Mitarbeiter sei im Pflegealltag deutlich zu spüren. "Wir sind mit unserem Projektverlauf schon wesentlich weiter als geplant." So werde derzeit bereits in Kooperation mit einem namhaften Software-Unternehmen an einem EDV-Programm gearbeitet, welches eine effiziente Erfassung der entbürokratisierten Dokumentation am PC ermöglicht und noch in diesem Monat in den Probelauf gehen soll. "Es ist ein Programm aus der Praxis für die Praxis und kann voraussichtlich später auch anderen Einrichtungen angeboten werden", erläutert Mischke.

Ziel der Einführung einer schlanken und bürokratiearmen Pflegedokumentation auf anerkanntem fachlichem Niveau sei eindeutig die Verbesserung der Versorgung und Transparenz im Sinn der Pflegebedürftigen, betont Ulrike Hackenholt vom Diözesan-Caritasverband Paderborn. "Die politische Ebene setzt mit dem unbeirrten Einsatz für dieses Thema ein deutliches Signal in diese Richtung", lobt sie. "Abzuwarten bleibt allerdings, ob die Aufsichtsinstanzen – der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) und die Heimaufsichten – diesen Weg konsequent begleiten und dem Aufbau einer geänderten Dokumentation offen gegenüber stehen."

Info
Schulungen zur Entbürokratisierung in der Pflegedokumentation finden für katholische Einrichtungen im Erzbistum Paderborn in Olpe, Paderborn und Dortmund statt. Weitere Informationen bei Ulrike Hackenholt, Tel. 05251 209-210, E-Mail: u.hackenholt@caritas-paderborn.de

Werbung
Connect
Cookie-Einstellungen
Auf dieser Website werden Cookie verwendet. Diese werden für den Betrieb der Website benötigt oder helfen uns dabei, die Website zu verbessern.
Alle Cookies zulassen
Auswahl speichern
Individuelle Einstellungen
Individuelle Einstellungen
Dies ist eine Übersicht aller Cookies, die auf der Website verwendet werden. Sie haben die Möglichkeit, individuelle Cookie-Einstellungen vorzunehmen. Geben Sie einzelnen Cookies oder ganzen Gruppen Ihre Einwilligung. Essentielle Cookies lassen sich nicht deaktivieren.
Speichern
Abbrechen
Essenziell (1)
Essenzielle Cookies werden für die grundlegende Funktionalität der Website benötigt.
Cookies anzeigen